Startseite

zurück zum Leserforum

per email
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Von: "Michael Eckart" xxx.xxx@xxx.de
An: Steinfeld-ONLINE
Datum: 084.04.2016 12:20 lt

Michael Eckart schreibt über die Veranstaltung

„Massentierhaltung in unserer Nachbarschaft !“,

organisiert von der BI „Pro Vita“


Zuerst eine Liebeserklärung:
Arne Mengel, ich liebe Dich !

Was für ein Ausbruch gerechten Zornes
hast Du gestern über Jan-Hinrich Kühl niedergehen lassen.
Selbst ich, ein Freund und Anwender direkter Worte,
glaubte Dich beruhigen zu müssen.
Du hast in Millisekunden alles über Bord geworfen,
was Du zuvor als Moderator der Veranstaltung
als umgangswichtig angesagt hattest.

Großartig, toll, klasse, einmalig und wunderbar !!!!!!

Soll ich Dir und allen anderen einmal was sagen ?

Scheiß drauf !

Scheiß auf das bescheuerte Gelaber von kultiviertem Umgang,
scheiß auf Achtung und Respekt,
scheiß auf vornehme Zurückhaltung.

Drauf geschissen,
denn die Scheiße ist da !

Wozu Contenance bewahren, wenn mal maximal beschissen wurde ?

Jan-Hinrich Kühl ist weit vor dem ersten Spatenstich in Fienstorf
mit seinem Projekt in der Gemeinde rumgelaufen.
Damals erzählte er uns das Märchen von lieber Landwirtschaft
und einer Pferdezucht für seine Frau.

Wir alle hörten ihm zu und sagten:
Das isses !

Alles schick – Hof schick, Pferdezucht schick,
Landwirtschaft ausschließlich mit Pflanzenproduktion schick,
Solar schick,
selbst eine nachbeantragte Dieseltankstelle
nah am Trinkwassereinzugsgebiet auch noch schick,
wenn auch nicht so.

Hof steht, alles gut
und dann der Kracher:
Nix mehr Pferdezucht,
nix mehr „nur Pflanze“,
nix mehr schick.
Biogas und Hähnchenmast vor Fienstorfs Toren.
Maissilo, Güllesee, Kothalle und Futterhochsilo,
Dauertransporte, Maiskampangnen
und jetzt Mastställe, Keime, Kadaver, Kot, Einstallung, Ausstallung
– kurz Scheiße im Quadrat.

Da haben wir alle ganz schön blöd geglotzt,
als uns der liebe Landwirt seine angeblich neuen Pläne
als alternativlose Notwendigkeit präsentierte.

Was daran eine richtig beschissene Sauerei ist ?

Die Planungen für Biogas und Hähnchenmast stammen mindestens aus 2009,
also aus einer Zeit
vor seinen ersten Verlautbarungen zum Landwirtschaftsvorhaben in Fienstorf.

Der gute Junge hat uns schlicht beschissen.

Wozu sollte er uns Dummdeis auch über seine wahren Pläne in Kenntnis setzen.
Erst mal schön den Hof bauen
und dann Schublade auf und die wahren „burner“ rausgeholt.

Deswegen bin ich so stinkig.

Es stört mich nicht mal, dass er uns verarscht hat,
das machen andere auch
– nein mich kotzt maximal an, dass er heute noch so tut,
als wäre er der liebe gute getriebene Junge,
der doch nur macht, was die böse Entwicklung von ihm verlangt
und selbst gestern tut er so, als hätte er ja keine Wahl.

Das ist Blödsinn,
denn man hat immer eine Wahl.
Man kann immer einen anderen Weg suchen und finden.

Allerdings muss man wollen.

Er will nicht
und deswegen sollen wir die Arschlöcher sein ?

Vor Monaten musste ich beim Staatsschutz antreten,
weil man dort vermutete,
ich könne hinter einem Drohbrief gegen Gemeindevertreter stecken.
Diesen Drohbrief gab es und ich musste ihn dort lesen.

Vor ein paar Tagen wurde mir aus unbekannter Quelle ein Schreiben zugespielt,
das ich auch lesen musste.

Für mich las sich das Schreiben aus der Feder eines Rechtsanwaltes
als einer Drohung nicht völlig unähnlich.

In dem Schreiben wird den Gemeindevertretern der Gemeinde Broderstorf
sehr unverblümt aufgezeigt,
mit welchen möglichen Schadensersatzforderungen die Gemeinde,
wie auch ggf. einzelne Kommunalpolitiker möglicherweise zu rechnen hätten,
wenn die Gemeinde weiter den Rechtsweg gegen die Hähnchenmastanlage beschreitet.

Die Sache war vorgestern Thema der GV–Sitzung
und ich weiß hier und jetzt noch nicht,
was nun beschlossen wurde.

Allerdings scheint klar,
dass Jan-Hinrich Kühl jeden Druck ausübt, den er kann.

Er ist weder zimperlich noch zurückhaltend.
Er drückt hemmungslos durch,
was er für sich als profitabel erachtet
und schert sich einen Dreck um die Probleme,
die er verursacht.

Das war der Prolog – nun zum eigentlichen Trauerspiel !

Der Veranstaltungsraum quoll schier über,
Leute mussten stehen, Stühle wurden aus finsteren Ecken dazu geholt
und innerhalb von Minuten waren der Sauerstoff aus der Luft
und die Temperatur auf Saunaniveau.

Allerdings war etwas bemerkenswert
anders als die Jahre zuvor:
Bis auf die Volkspartei CDU
hatten alle anderen „üblichen demokratischen Parteien“
Landtagskaliber entsandt,
die Linke schickte Herrn Holter mit schickem Schal und leichtem Promifaktor.
Ist halt Wahljahr in M-V.

Da sind sie dann alle wieder und hauen uns die Taschen voll mit ihrem:
„Wir wollen ja, wenn wir nur könnten,
wie wir wollten auch alles was ihr wollt !“


Für mich ist das komplett für die Tonne,
keiner von denen kriegt meine kostbare Stimme.

Besonders unerfreulich war das Gesalber der SPD-Tante,
die doch tatsächlich so tut,
als hätte der seit 200.000 Jahren das Landwirtschaftsressort führende
Parteigenosse der SPD, Till B.,
nichts mit der ganzen Scheiße zu tun.

Darüber hinaus finden diese Roten Mastanlagen ganz gut,
ihr Boss will ja auch TTIPP und hat nichts gegen Fracking.

Ihr seid raus !!!

Somit kann ich mich den wesentlichen Rednern widmen.

Frau Cwielag vom BUND führte ins Thema ein,
informierte, analysierte, kommentierte und forderte.
Fundiert, logisch, professionell und sicher.

Nach ihr wussten alle worum es geht.
Die meisten allerdings auch schon davor.

Eine junge Frau von irgendeiner Tierschutz-Orga
erzählte das Übliche über die Quälerei
und darüber, dass weniger Fleischkonsum
auch weniger Probleme mit seiner Produktion verursacht.

Beides stimmt,
ist aber nicht nett anzuhören.

Irgendwie gleiten diese Vorträge gefühlt immer ins Missionarische ab.

Dann Eva, unsere Eva !

Sie hat es einfach drauf.
Emotional, umfassend informiert, zielgerichtet, scharfsinnig und verblüffend direkt
hat sie all das und manches mehr in Worte gefasst,
was uns sorgenvoll umtreibt.

Im Gegensatz zu mir und anderen
immer höflich, sachlich, bittend, bisweilen fordernd
kann man sie mit Fug und Recht als kampferprobte Leaderin
einer Protestbewegung wider dem Agrarirrsinn bezeichnen.

Eva, ich bin Fan von Dir !

Man wird den Rechtsweg weiter beschreiten, seitens der BI,
neben und mit Unterstützung des BUND.

Sie sagte, es sei unverständlich, dass schon gebaut werde,
auch hier wird das Recht des Rechtsstaates wenigstens gebeugt.

Doch das wird es ja fast immer, bei derlei Vorhaben.

Klare Worte, klare Richtung, klare Bitten.
Dennoch muss man schon sehr guten Glaubens sein.

Dann die Diskussion – Feuer frei !

Auffällig war schon zu Beginn,
dass überproportional viele Landwirte und andere Zustimmer für Kühl
im Saale waren.

Die Jungs machten sofort ordentlich Stimmung
und paulten hier und da
ihre Witzigkeiten in die Vorträge der „feindlichen Fraktion“.

Da paulte ich zurück
und machte mir einen Heidenspaß daraus,
dass Störfeuer mit Störfeuer zu erwidern.

Gefiel mir,
anderen nicht.
Mir egal – musste sein !

Interessant waren die Vorträge der Mastviehfans nicht wirklich:

1.
Krankenhauskeime sind häufiger und schlimmer
als multiresistente Keime aus der Massentierhaltung.
Werden wir uns drüber erregen, wenn eine Megaklinik
in unserer Steinwurfweite errichtet werden soll.

2.
Niemand hat die Absicht Gülle zu importieren
und diese dann als „guten Naturdünger“
auf dem umliegenden Acker zu verklappen.
Es hatte vor ein paar Jahren
auch niemand die Absicht Massentierhaltung vor unserer Haustür zu betreiben.

3.
Wer billiges Fleisch frisst, muss halt den Preis zahlen,
den die billige Massenproduktion mit sich bringt.

Blödsinn,
niemand muss doch diesen Scheiß produzieren.
Wären sich die Bauern einig
und würden alle weniger und besseres produzieren,
würde sich der Konsument aber ruck zuck auf die neuen Gegebenheiten einstellen.

Wir haben in Deutschland
den teuersten Strom,
die teuersten Autos,
die teuersten Medikamente
und weiß Gott wie viel noch teuerstes.

Niemand sitzt bei Kerze, geht zu Fuß oder hat kein Aspirin im Haus.

Da geh ich raus,
weil ich in Punkt drei wiederholt Formulierungen verwende,
die hart, unqualifiziert, herabmindernd
aber wahr sind.

Ich diffamiere unsere „guten deutschen Lebensmittel“
als Mist oder gar Scheiß.

Das tat ich so oder ähnlich auch gestern.

Natürlich ist das weder gerecht, denn es gilt nicht für alle Nahrungsmittel
und es ist auch überaus unfair,
denn längst nicht alle Landwirte produzieren derlei von mir verfemtes.

Ich spitze zu und provoziere.

Ich bin populistisch und ungerecht.

Na und ?

Ich habe jetzt ja auch so eine Perle der industriellen Mast vor der Nase
und nicht die geringste Absicht, sachlich zu bleiben.

Also unsachlich bin ich auch noch.

Auch na und !

Doch schauen wir doch mal etwas genauer auf mein Lebensmittelbashing.

Herr Kühl wird an einem Masthähnchen 4 CENT, in Worten VIER, verdienen.

Bei 1,4 Millionen Viechern, macht das satte 56.000 Euro Jahresgesamtgewinn.

Das kann kein wertvolles deutsches Lebensmittel sein,
denn folgendes kommt noch hinzu:
Ein mittlerer landwirtschaftlicher Betrieb
generiert ca. 50 Prozent seiner Jahreseinnahmen aus Subventionen.
Bei Herrn Kühl wissen wir sogar die Summe,
tut aber jetzt nichts zur Sache.

Das heißt also pauschal und populistisch gesagt,
der Gewinn von vier Cent pro Tier
ist subventionsbereinigt nur 2 CENT pro Tier.

Verkaufen muss er es so um die 1,50 Euro pro Stück.

Kann mir mal jemand sagen, was daran wertvoll ist ?

Nächstes Beispiel:
Herr Walter aus Hohen Luckow war gestern da.
Ich find den fetzig,
nicht nur wegen der saucoolen Sendung die es mal über ihn gab
und seine totale Hingabe für seinen Beruf und Berufsstand,
nein ich find ihn gut, weil er wie ich,
für die sofortige Abschaffung aller Subventionen ist.

Außerdem kann man mit ihm prima streiten
und hinterher von der Streitsache wieder zur Person kommen
mit der man cool sein kann.

Geht hier nicht,
gibt halt auch arme Schweine hier und da.

Dieser Herr Walter nun betreibt eines der größten
und wie ich meine gehört zu haben,
das erfolgreichste Milchviehgut der nördlichen Hemisphäre.

Es ist konventionell
und dort standen und stehen Kühe im modernen „Offenstall“,
die im Einzelfall über 20.000 Liter Milch geben.

Ich finde diese Produktion grauenvoll
und bin sehr froh, dass Bauer Jager hier
doch ein wenig anders produziert
und ich halbwegs guten Gewissens seine Milch trinken und empfehlen kann.

Zurück nach Hohen Luckow !

Ich höre gestern,
die Milchbauern kriegen schon wieder nur noch 22 CENT pro Liter.

Subventionsbereinigt ist der Liter,
siehe oben,
dann nur noch 11 CENT wert.

Das ist doch kein wertvolles Lebensmittel,
Trinkwasser aus keimverseuchtet PET-Flaschen ist durchschnittlich mehr wert.

Geld ist unser Wertsystem.
Wir bemessen alles noch Kosten, Nutzen und Gewinn.

Niemand wertschätzt die Arbeit, die Mühe, die Hingabe, den Verzicht
und die Zwänge,
denen die Produzenten ausgesetzt sind.

Wie auch ?

Wir sehen und erdulden seelenlose Agrarfabriken,
wir leiden unter monströser „Landkriegstechnik“,
die unsere Nerven und Straßen zerstört,

wir sehen eine Industrie,
die eben nicht oder falsch globalisiert.

Würde man in der Landwirtschaft konsequent globalisieren,
würde der Weltweizen aus Äthiopien kommen,
denn dort sind zwei Ernten möglich
und die Ackerböden sind von höchster Qualität.

Belassen wir es dabei.

Von allem wird zu viel produziert,
denn die, die es sich leisten können,
können den Konsum nicht schaffen.

So entwerten wir Stück für Stück alle Produkte
und bei der Gelegenheit auch gleich das Geld.

Alle anderen darben von weniger als 2 Dollar pro Tag.

Wir werden alles bekommen, was eine solche Mastanlage zu bieten hat:
Keime, Billigfleisch, mehr Hunger in Afrika, Gülleimporte für Biogas und Ackerdüngung,
Sponsoring für Dorffeste und Sportvereine,
kaputte Straßen, Immobilienentwertung,
Gerichtsverfahren, Geldsorgen,
Tierkadaver, Geruchsbelästigung, Grundwasserkontaminierung
und Streit und Streit und Streit und Wut und mehr.

Das soll die Zukunftssicherung für ihre Kinder sein, Herr Kühl ?

4 Cent pro Huhn ?

Tausende Kadaver, tiefste Abhängigkeit von Brütereien und Fleischverarbeitern ?

Ständige Abluftwolken über Ihrer Terrasse ?

Und wozu noch mal ?

4 CENT pro HUHN !

Ihr zerstört den Wert eurer Arbeit selbst,
weil ihr glaubt viel hilft viel.

Ich esse 10 Broiler und 6 Enten pro Jahr – die zieh ich mir selbst groß.

Was freu ich mich schon,
wenn das erste Mal meine paar Hühner gekeult werden,
weil ich im Quarantänebereich der Krankheiten liege,
die aus der Mastanlage entweichen,
in der man irrsinnige 4 CENT am Huhn verdient !

Was freu ich mich auf den Nachweis der ersten Kadaver in den Gärresten.
Was freu ich mich, wenn erst im Trinkwasser
nicht nur eine zu hohe Dosis Uran nachgewiesen wird, neben Nitrit, Nitrat, Phosphat,
sondern auch endlich all das, was neben Ammoniak
sonst noch so aus den Überresten des Mastdurchgangs nach unten sickert,
in den zweiten Ungedeckten Grundwasserleiter.

Riesig wird meine Freude sein,
wenn in ein paar Jahren die Straße vor meinem Gehöft so zergurkt ist,
dass sie mit Fördermittel und Straßenbaubeitragsbescheid an mich saniert wird.

Was werde ich mit den Augen rollen, der Zunge schnalzen und dankbar sein,
dass ich das jemandem zu verdanken habe, der sich bis über den Arsch verschuldet,
um 4 CENT für sich und seine Kinder an einen Masthuhn zu verdienen.

Und ich soll so was als wertvolles Lebensmittel bezeichnen ?

Habt ihr Fieber ?

Es war eine tolle Veranstaltung,
Eva einfach großartig !

Bauern, ich habe Respekt davor,
dass ihr euch stellt, zusammenrottet und euch helft
aber vieles, was ihr fabriziert ist große Scheiße.

Schade, dass die meisten von euch nur so können
und glauben, wir sind schuld.

Sind wir nicht !

Wir nehmen, was man uns anbietet.

Wird uns kein wertloser Mist angeboten,
können wir ihn auch nicht nehmen.

Den Wert eurer Arbeit müsst ihr bestimmen.
Jetzt verkauft ihr euch und eure Produkte unter Wert.

In die Zukunft mit 4 CENT Verdienst an einem Masthuhn,
wenn das kein Irrsinn ist,
was ist es dann ?


M. Eckart, ocs

Fotos zur Veranstaltung: hier klicken

Kontakt

Impressum: ©imutta