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Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 100

ocs


100 Texte für Interessierte.

Dank an die kleine aber feine Leserschar.
Ich werde auch weiterhin wohl eitel genug sein,
um auch für die Wenigen,
die zum Wochenanfang Schwerverdauliches
etwas leichter zubereitet lesen wollen,
in die Tasten zu greifen.

Oft, man könnte auch sagen überwiegend,
hilft mir das Lesen,
um etwas zum Lesen zu fabrizieren
und gelegentlich findet sich Themen an Stellen,
an denen ich sie nicht wirklich vermutete.

Beispiel:
In einer von mir ab und an heimgesuchten Sportstätte
liegen Zeitschriften aus,
so für zwischendurch.

Im Prinzip alles „junk food“ für Lesekundige.
Nicht aktuell, meist schon ein wenig zerlesen,
vor allem die „Boulevardmagazine“.
Doch dazwischen ein „Time“ magazin.
Warum nicht – vielleicht reicht das eigene Englisch
noch für einen leichten Text.

Ich finde einen und heraus:
So leicht ist der gar nicht, jedenfalls nicht sein Thema.
Mit Erstaunen erfahre ich Dinge
über die bei uns so gebetsmühlenartig beklagte Abholzung
des Amazonasregenwaldes in Brasilien.

Aufgrund der hiesigen Berichterstattung war mir völlig klar,
dass dort Jahr für Jahr immer mehr
unberührter Regenwald abgeholzt wird,
weil fiese Sojabarone und Palmölfürsten
ständig nach neuen Anbauflächen gieren
und die brasilianischen Behörden
zu schwach, zu korrupt, zu wenig demokratisch
und überhaupt zu wenig interessiert daran sind,
diese Katastrophe zu verhindern.

Ich weiß also ganz genau,
dass hier bei uns alles in Ordnung ist,
immerhin erfahre ich ja stets und ständig,
dass es nirgendwo mehr Wald gibt, als bei uns
- wogegen in Brasilien im Prinzip schon alles weggeballert ist
und einen dort nur noch blanke Erde anlacht, bzw. -heult.

Doch was muss im besagten Magazin staunend lesen ?
In Brasilien hat sich der Flächenverbrauch
in den letzten 10 Jahren halbiert.
Unter Ex-Präsident da Silva
wurde eine effektive Behörde zum Schutz der Wälder aufgebaut.
Diese Behörde arbeitet hochmodern,
ist ausgezeichnet ausgerüstet
und verfügt über veritable finanzielle Mittel aus der Staatskasse,
um den Kampf gegen den illegalen „Landraub“ effizient zu führen.

An beeindruckenden Statistiken wird belegt,
dass Brasilien sich erfolgreich müht,
dem Wahn des Waldverbrauches für die Produktion
von Futter- und Energiepflanzen Einhalt zu gebieten.

Klar wird in dem Beitrag herausgearbeitet,
dass es in erster Linie das Verbraucherverhalten
in Brasilien und anderswo war,
dass den Umschwung brachte.

Zweifellos muss man nicht vor Euphorie ausrasten
ob der aktuellen Zahlen,
denn immerhin kommt das Land um den Amazonas ja von höchstem Niveau,
geht es um den Raubbau an der eigenen Natur.
Dennoch ist es für mich höchst verwunderlich,
dass bei uns so gar nichts von diesen doch sehr anerkennenswerten Entwicklungen
im Schwellenland Brasilien zu hören ist.

Ich höre bei uns immer nur von all den Tragödien im Regenwald,
sei es ein kleiner Naturvolkstamm
der von kriminellen Tropenholzbanden gemeuchelt wird,
von aussterbenden Tieren, deren Lebensraum
von einer neuen Straße mitten durch den Dschungel vernichtet wurde,
von maßlos ausufernden Siedlungen,
die alles verdrängen,
was auch nur annähernd mit unberührter Natur zu tun hat.

Nichts von den beschriebenen Bemühungen und erkennbaren Erfolgen.
Vor allem nichts von der Macht der Verbraucher,
die es offenbar tatsächlich gibt.

Was ich dagegen ständig von offizieller Seite präsentiert bekomme,
ist der ordnungsgemäße, weil rechtstaatliche Zustand bei uns.

Egal um welches Thema es geht,
im Bereich „Eingriffe in die Natur und das Landschaftsbild“,
wird mir und anderen erklärt,
dass hierzulande alles beste Sahne ist.

In unserem Rechtsstaat wird die Natur ordentlich und gesetzeskonform verbraucht.
Und das zunehmend.

Während in den Entwicklungs- und Schwellenländern
eine Verlangsamung des Flächenverbrauches beginnt,
steigt bei uns von Jahr zu Jahr nicht nur die verbrauchte Fläche
sondern auch das Tempo der Urbanisierung.

Jeder Fitzel Land wird nutzbar gemacht,
unter dem Deckmantel der Energieknappheit
wird gebohrt, gepflügt, versiegelt, erschlossen, betoniert
was das Zeug hält.

Aber unser Wald ist so schön grün !

Vorgestern sah ich eine Sendung mit Harald Schmidt
im Schweizer Fernsehen.
In seiner trocken–zynischen Art konstatierte er
die offensive Verdummung der Menschen
durch plumpe Manipulation der Menschen.

Insbesondere durch das Weglassen von relevante Informationen
wurde unsere derzeit weltberühmte
„na dann ist ja wenigstens bei uns alles in Ordnung“ Haltung gezüchtet.

Dort schlecht – hier gut,
na dann lieber hier,
gleich neben dem Frackingloch !

Have a nice week !

M. Eckart, ocs

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