Startseite

zurück zur Übersicht

Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 125

ocs





Milch





Milch





Milch





Milch
täglich frisch gemolkene Milch
4,07 Prozent Fett





Milch
Fotos mit freundlicher Genehmigung
der Fam. Jager

Sie finden die Milchtankstelle
in Neu-Broderstorf
Alte Dorfstraße 38
Landkreis Rostock
(Rostock Richtung Sanitz - B110)

Der Groschen ist gefallen !
Endlich !

Es ist zwar im konkreten Fall ein Euro
aber das macht nichts,
denn ich freue mich über sein lustiges Klimpern,
nachdem er gerade im Schlitz des Automaten verschwunden ist.

Einen Liter frische Rohmilch werde ich nun gleich „zapfen“,
an der „Milchtankstelle Jager“
– was für ein Spaß.

Links im Regal stehen Milchflaschen bereit,
drei Euro Pfand ins Glas – und los.

(Memo:
Nächstes Mal ein eigenes Gefäß mitbringen,
die Verschlüsse der dargebotenen Pfandflaschen sind mir zu lose !)

Flasche unter den „Befüllstutzen“,
Milchknopf drücken und schon fließt die frische Rohmilch
unter geschäftigem Gebrummel des Automaten in die Flasche.

Im Display wird der gezahlte Betrag runtergezählt – Cent genau,
bis der Liter Milch strahlend weiß in der Flasche ist.
Deckel drauf und ab dafür.

Den ersten Liter habe ich vorsichtig gekostet.
Erst mal ein Gläschen und dann abwarten, was passiert.
Bin ich schon Laktose unverträglich ?
Vertrage ich Rohmilch überhaupt noch,
nach 25 Jahren homogenisierter und pasteurisierter Lurche
aus dem Tetrapack ?

Man weiß es nicht !

Nichts passiert, alles prima
und die Milch schmeckt „wie früher“.

Vielleicht war in unserem „Früher“
nichts oder nur das Wenigste besser,
die Milch war es mit Sicherheit
und diese schmeckt genau so.

Für mich ein Genuss,
ein Vergnügen,
eine Lust
– leider lecker.

Warum leider ?

Es ist halt keine BIO – Milch,
sondern konventionelle von Kühen
die so leben und gefüttert werden,
wie ich es mir täglich ansehen kann,
wenn ich bei Jagers vorbei fahre.

Doch was sehe ich bei diesem Betrieb denn wirklich ?

Zunächst mal sehe ich die Kühe,
wenigsten einen Teil von ihnen oft im Freien.

Ein paar widerkäuen regelmäßig draußen,
um den Stall herum, rum.

Jungtiere, wie Stärken und Jungbullen
sind nach dem Winter auf der Koppel hinter Thulendorf.

Ein beachtliches Stück Grünland erstreckt sich hinter dem neuen Stall,
wohl kaum, um nicht als Futterkoppel genutzt zu werden.

Natürlich sehe ich auch den Mais,
der auf manchem Schlag
seit zig Jahren ohne jeden Wechsel der Fruchtfolge angebaut wird,
um dann als Silage im Magen der Kühe zu landen.

Natürlich sehe ich die Lieferfahrzeuge mit Zusatzfutter
und weiß,
dass industriell hergestelltes Futter
fragwürdiger Zusammensetzung zu gefüttert werden muss,
damit diese Hochleistungssportler für Milch
selbige in
für mich auch heute noch unvorstellbar großer Menge
zu produzieren.

Natürlich sehe ich,
woher die Jauche der Kühe kommt,
die entweder in den kühlschen Gasbeulen verarbeitet wird
oder zum Güllesee, im Akkord gefahren wird.

Das macht mich fuchsteufelswild
und ich wettere regelmäßig stinksauer gegen diesen Landwirtschaftswahn.

Ich habe Zweifel:
Kann ich diese köstliche Milch überhaupt saufen
– guten Gewissens.

Ist es nicht verlogen
gegen die industrielle Landwirtschaft zu polemisieren,
zu protestieren
und sich gelegentlich sogar dagegen zu engagieren ?
Da muss ich drüber nachdenken !

Fertig mit Nachdenken !

Nein, ist mein Fazit,
muss ich nicht !

Ich kann die Milch von Jagers Hof trinken
und sie sogar anderen empfehlen.

Warum ?

Weil eine Meinung, ein Standpunkt
nicht zur Ideologie
oder gar zum Dogma verkommen darf.

Ich betrachte die Milchtankstelle Jager als einen Erfolg
auch und vor allem des Widerstandes
gegen die als falsch erkannte Landwirtschaft.

Druck erzeugt neben Gegendruck oft auch Bewegung.
Diskurs fördert das Denken,
gelegentlich sogar das Nachdenken.

Offensichtlich denken die Bauern,
im konkreten Fall der Bauer Jager nach
und suchen nach Wegen,
die Akzeptanz
ihrer mehr und mehr in Verruf geratenen harten Arbeit zu erhöhen.

Sie haben augenscheinlich erkannt,
dass nur sie selbst es schaffen können,
wieder aus der bösen Ecke
der rücksichtlosen Umweltausbeutung für verseuchte Nahrungsmittel
heraus zu kommen.

Was sehe ich
neben all den beschissenen Auswirkungen
der industriellen Landwirtschaft,
von denen wir täglich betroffen sind
und über die ich hier hinlänglich
mit oft rücksichtslosester Direktheit schrieb ? :
Ich sehe auch Gülle– und/oder Gärrest-Tanker,
die ihre Fracht auf den Acker sprühen,
unmittelbar gefolgt vom Traktor mit dem Schälgehänge,
auf dass die Brühe sofort untergeschält ist.

Ich erinnere mich noch an Zeiten,
keine 10 Jahre zurück,
als man noch nach Tagen auf Landwirte einwirken musste,
doch endlich die stinkende Pampe unter zu werfen.

Ich sehe Unterschiede in der Milchviehhaltung bei Jagers
und der bei anderen Milchviehanlagen, wie die in Hohen Luckow.

Die hier gefällt mir besser
und da ich die zu früheren Zeiten auch recht gut kenne,
kann ich nicht wirklich einen Unterschied sehen.

Und nicht zuletzt sehe ich,
woher meine lurchige H – BIO – Milch kommt:
Südlich von Berlin oder gar aus Bayern.

Ist ja auch ein ordentliches Stück.

Ich sehe aber nicht, welcher Betrieb
und was dort los ist.

Ich vertraue dem Siegel, das BIO verheißt.
Das tue ich auch weiterhin,
trotz der Nachrichten über täuschende Sauereien
unter dem Siegel der guten Landwirtschaft.

Dennoch werde ich Jagers Milch zapfen
und trinken und genießen.

Es ist dicht bei,
es ist akzeptabel (ich kann mir die Kühe anglotzen)
und was und/oder wer kommt eigentlich,
wenn Jagers keinen Erfolg haben ?

Was macht der dann und wie macht er das ?

Wird das besser
oder entwickeln wir uns lieber aneinander ?

Wir hatten das schon einmal.
Immer nur mit Messer im Maul,
dass hindert beim Sprechen !

Heute zapf ich wieder !
Oanzapft is !

M. Eckart, ocs

Kontakt

Impressum: ©imutta