Startseite

zurück zur Übersicht

Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 32

ocs

Irgendwas stimmt nicht mit diesem Jahr.
Seit einer Ewigkeit ist Winter, gerade schneit es wieder wie Sau.
So oft wie nie wird der Strom abgeschaltet, heute wieder mal von acht bis zwölf
und was mich am meisten beunruhigt:
Es ist alles so prima, in Deutschland.

Noch nie seit über zwanzig Jahren waren so viele Menschen
„in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen“,
noch nie verkündete ein Finanzminister,
dass er fast beinahe so gut wie, mindestens aber wenn nicht noch mehr gar kein Geld braucht,
sondern mehr einnimmt, als er auszugeben fürchtete,
irre !

Unsere Wirtschaft brummt saumäßig, die Unternehmen verdienen, dass die Schwarte kracht,
der DAX, dieser kleine Racker, wird wieder zum Punktegiganten
und in bei den Sozialkassen liegt so viel Geld rum,
dass für die Mitarbeiter Gummistiefelpflicht gilt,
damit sie sich ihr Beinkleid nicht mit der Druckfarbe der Geldscheine versauen,
durch die sie halbmeterhoch waten müssen.

Deutschland im Wahnsinnsjahr !

Die FDP jodelt sich in einen kollektiven Wein(liebhaber)rausch
und brüderlt sich mit Sicherheit wieder in den Bundestag.
Die Linke saugt sich ganz unbemerkt und vor allem
von CDU und FDP völlig unbehelligt an sieben Prozent fest
und ein lustiger Frührentner von der SPD belfert sich durch die Fettnäpfchen der Republik,
mit gelegentlichen Ausflügen in die europäischen Nachbarprovinzen Euroteutonias,
um zum Beispiel mal dem südalpischen Pizzaburschen zu erklären,
dass Clowns in den Zirkus gehören und nicht ins Appenienparlament.

Was also ist das für ein Jahr,
in das wir uns gerade hineinbibbern ?

Richtig – Wahljahr ist es heuer !

An einem solchen gefällt mir am besten,
dass wir dann noch mal völlig losgelöst sind, vom jämmerlichen Rest Großeuropas.

Plötzlich finden unsere Politiker messerscharf, analytisch exakt
und mit eindeutigen Fakten unterlegt knallhart heraus,
dass wir hier auf der Insel der Glückseeligen leben.
Fast vollkommen, wenn da nicht solche Lurchstaaten wie Rumänien und Bulgarien wären,
die uns ständig mit ihren Vampiren, Jungprostituierten, aufstrebenden Autodieben
und natürlich nicht zu vergessen diesen,
wie hießen die noch gleich, hier sag mal schnell,
mit denen hatten wir doch vor 1945 schon mal was – Sinti und Roma, genau,
klingt schon gruselig, für ein sauberes, deutsches Ohr,
versorgen würden !

Da hat man auch ordentlich was zum Gruseln
und frei Haus gibt‘s den Beschützer auch gleich dazu.
Der heißt Friedrich, steht mit seiner CSU im Landtagswahlkampf in Bayern,
dem Land, wo man nur noch Ministerpräsident werden kann,
wenn man als knallharter Katholik
mal so ordentlich mit ner´ jungen Referentin fremdgevögelt hat,
dass dabei gleich noch mal ein kleiner Seehofer rauskommt,
Hauptsache man bleibt bei der Frau und rettet den Weißbiernationalpark vor den Roten.

So haben wir also wieder mal alles, was der Michel so braucht,
wenn er vollverarscht an die Urne treten soll:
Das geilste Land der Welt, das geilste Auto der Welt,
die geilsten Politiker der Welt (keine Pizzaclowns), die geilsten Parteien der Welt,
am geilsten wenige Arbeitslose, den geilsten Reichtumsbericht, das geilste Angstgefühl,
den geilsten Beschützer vor der Angst, die geilste Mutti
und den geilsten Euro, der uns so obergeil macht.

Was mich an solchen Phasen unserer kollektiven Selbstbegeilung am meisten freut:
Das geht vorbei, sofort nach der Wahl, todsicher !

Doch bis dahin bleiben wir völlig losgelöst
vom Rest des alten, muffligen, absteigenden Jammerkontinentes.

Bis zur Wahl findet Europa für uns nicht mehr statt, außer dem Euro,
denn der muss ja den Frieden sichern und den Wohlstand und die Banker
und die globalen Zocker und die Weltwirtschaft und den Freihandel und so weiter.

Was für ein Scheiß !

Wenn es um die Kohle geht, dann sind wir auf Gedeih und Verderb an Europa gebunden.
Griechenland, Irland, Spanien, Italien, Zypern, Frankreich,
egal wer vor uns Pleite geht im Hause Europa,
muss gerettet werden, wir müssen da mehr Europäer sein,
die Vision erkennen, von den Vereinigten Staaten von Großeuropa.

Wegen unseres Übergottes Geld müssen wir die Italiener zusammenscheißen,
wenn sie den Bungabert Silvio B. wieder ins Parlament hieven.
Wegen des Geldes müssen wir zusammenstehen,
das Geld schweißt uns zusammen, wie Pech und Schwefel.
Alles andere ist uninteressant !

Wirklich ?

Es macht also nichts,
wenn wir so viele Arbeitslose wie noch nie zuvor haben, in Europa ?
Es macht nichts, wenn in Spanien bald 40 Prozent der jungen Menschen keine Arbeit finden
und so keine Perspektive haben.
Es geht uns also nichts an, dass Griechen, Portugiesen und Zyprioten zu tausenden verarmen ?

Was ist das für ein Blödsinn, der uns da untergejubelt wird ?

Wenn‘s ums Geld geht, ist es Europa,
geht es um Armut und Elend, dann sind es die Spanier und die Franzosen und die Portugiesen.

Immer wie es gerade passt, vor allem in Wahljahren.

Überall in der Welt blaffen wir klugscheißerisch die Länder an,
die Jugend zu fördern, sie nicht zu verlieren.
Was dabei rauskommt, wenn man jungen Menschen keine Perspektive schafft,
hätte man in Afghanistan lernen können, in Palästina sieht man es
und der arabische Frühling wurde auch nicht von zufriedenen Rentnern angezettelt.

Wie blöd muss man eigentlich sein, um nicht erkennen zu können,
dass uns immer nur die „Vorteile“ für uns präsentiert werden,
die Nachteile aber immer bei den „Anderen“ rumliegen.

Dazu muss man nicht blöd sein,
manchmal reicht eine Wahl, selbst wenn man keine hat !

Have a nice week !

M. Eckart ocs

Kontakt

Impressum: ©imutta