Startseite

zurück zur Übersicht

Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 50

ocs

Es gibt lustige Statistiken und es gibt scheinbar lustige Statistiken.

Eine der zweiten Art kam mir unlängst unter.
Dort wurde ermittelt,
welche Personengruppe eigentlich am stärksten „Google street view“ nutzt.
Sie wissen schon, dass ist dieses Rundumbeobachtungdingens,
mit dem man sich Straßen anschauen kann.

Das war die Nummer, als „Google“ überall mit Kameras rumfuhr
und uns alle mal so richtig abgefilmt hat.

Jedenfalls hat sich herausgestellt, dass dieses „street view“
vornehmlich von Internetusern benutz wird,
die aufgrund ihrer Lebensumstände (Internetfixierung, Leben in einer zurückgezogenen, abgeschotteten Welt),
meist völlig versunken in Onlinespielen oder Chatrooms,
nicht mehr am allgemeinen Leben teilnehmen
und sich via „street view“ mal ansehen wollen,
wie sich ihre Straße vor der Tür so verändert hat.

Mir kommt diese Entwicklung bekannt vor.

Ich lebte mal in einem Land,
da gab es zwar noch kein Internet aber den Schrebergarten.
Dort igelten sich die Leute auf ihrer Scholle ein
und flohen so wenigsten für ein paar Stunden der Welt des real untergehenden Sozialismus.

Seinerzeit ging auch das Wort vom „Großen Bruder“ um,
einige werden sich erinnern.

Damit war nicht nur unser damaliges wirklich großes Bruderland die UdSSR gemeint,
nein verwendete man diese Formulierung, besagte das auch:
Der „Große Bruder“ wacht über uns.
Er sieht alles,
hört alles,
weiß alles
und nichts geht ohne ihn.

Zwar waren wir viele „Bruderländer“
aber nur der „Große Bruder“ entschied am Ende, wo es lang ging.
Wohin ist bekannt.

Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren,
wir hätten wieder so einen „Großen Bruder“, der alles weiß,
weil er alles kontrolliert
und der uns ganz unverblümt sagt, wo es langgeht.

Mein und so auch Euer neuer „Großer Bruder“ liest meine Briefe, die jetzt „mail“ heißen,
hört mein Telefon ab, ohne eine Wanze einbauen zu müssen,
lässt Postsendungen registrieren,
erstellt Bewegungsprofile und Tagesabläufe von mir.

Natürlich jetzt nicht so unmittelbar und schon gar nicht so plump,
wie in der Schnüffelsteinzeit,
als noch schlechtgekleidete Herren mit den unvermeidlichen „Knirpsschirmen“ durch die Gegend latschten
und dümmlich „Staatsfeinde“ beglotzten.

Nein heute wird alles über jeden gesammelt und bei Bedarf auf Knopfdruck abgerufen.
Ein Traum der totalen (Überwachungs)Sicherheit.

Ein weiteres Versatzstück aus früheren Zeiten ist die „Planerfüllung“.
Die war immer 100 Prozent und mehr.
Von allem war mehr als genug da aber es reichte nie wirklich.

Irgendwie waren die Menschen seinerzeit trotzdem nicht so richtig zufrieden,
denn die Zahlen, die Ihnen als Beleg ihrer eigenen,
schier unglaublichen Leistungsfähigkeit vorgelegt wurden,
erwiesen sich bei genauerer Betrachtung als „Potemkinsche Dörfer“.

Als geschichtssichere Leser wissen sie ja,
dass der Fürst Potemkin, seinerzeit in engsten Diensten der russischen Zarin,
anlässlich einer Reise, ausgerechnet auch noch preußischer Besucher durch Russland,
einige weniger ansehnliche Dörfer bunt anmalen ließ,
auf dass die Deutschen einen guten Eindruck haben
und Siedler in die Weiten des Zarenreiches schicken.

Derlei ist natürlich heute undenkbar.

Es sei denn eine Bundestagswahl steht vor der Tür
und ab dem 01.08.2013 würde ein „Rechtsanspruch“ auf einen Kitaplatz bestehen.
Nur wenn diese schier unmögliche Kombination von geschichtlichen Unwägbarkeiten zusammentriefe
und dazu noch eine zuständige Ministerin Schröder heißen würde,
nur dann könnte es auch in unserer wahrhaftigsten und ehrlichsten aller Demokratien dazu kommen,
dass dem blöden Wahlvolk dummdreist präsentiert würde:
„Alles schick, genug KiTa-Plätze per anno !“

Auch hier ist also:
Genug da aber es reicht nicht !

Diese drei kleinen, aktuellen Beispiele
und ihr, zugegeben möglicherweise etwas subjektiv von mir konstruierte Bezug
zu meinen Erinnerungen an eine untergegangene Welt,
haben aber möglicherweise etwas in sich,
was vor allem wir Deutschen so sehr lieben:
KONTINUITÄT !

Alles wiederholt sich:
Lange Haare,
kurze Röcke,
Überwachung der Bevölkerung zur Absicherung des Gesellschaftsmodells,
hohe Schuhe,
Tätowierungen,
potemkinsche Dörfer,
Minimalismus,
Kolonialismus,
grelle Schminke,
grade Schnitte,
eine sich abschirmende Funktionärskaste (Berufspolitiker),
Lebensmittelskandale,
Römersandale,
soziale Unruhen,
Polizeigewalt,
billiger Griechenlandurlaub,
teurer Wein,
Geldreformen,
Bankenrettung,
Absturz des Goldpreises,
fraulichere Figur,
Oberlippenbärte,
Mittelscheitel.

Have a nice week !

M. Eckart ocs

Kontakt

Impressum: ©imutta