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Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 86

ocs

Ein Fernsehstudio mit Publikum.

Auf der Bühne ein bekannter Moderator des deutschen Fernsehfunks,
neben ihm ein charmanter Schweizer.
Schweizer kommen fast immer charmant daher.
Der Moderator stellt den Gast vor
und dieser wendet sich dem Studiopublikum zu:
„Guten Abend sehr verehrte Damen und Herren,
ich möchte Ihnen nun mit einem kleinen Experiment zeigen,
welcher psychologischer Grundmechanismus
dem Entstehen eines Krieges zugrunde liegt!“


Das Auditorium schaut einigermaßen verdutzt auf den Herren,
doch dieser fährt unbeirrt fort:
„An diesem Experiment können Sie alle teilnehmen
und es wäre sehr hilfreich, wenn Sie es auch täten.

Folgender Ablauf:
Ich habe hier einen 50 Euro-Schein,
den ich jetzt unter Ihnen versteigern werde
und ich prognostiziere,
dass der Erlös den Nominalwert des Geldscheines erheblich übersteigen wird.“


Ein ungläubiges Raunen geht durch das Publikum
und ein offenbar besonders pfiffiger Proband spricht aus,
was wohl viele der Anwesenden und auch ich denken
– einen 50 Euro-Schein könne man nicht sinnvoll versteigern,
da sein Wert ja feststehe
und doch niemand so blöd ist,
mehr als diesen Wert zu bieten.

„Das ist nicht von der Hand zu weisen.“, entgegnet unser Schweizer.
„Allerdings werde ich mir erlauben,
die Versteigerungsregeln so zu gestalten,
dass meine Prognose zutreffen wird.

Wir werden es folgendermaßen machen:
Sie werden auf diesen im Wert absolut fest stehenden Schein bieten
und der Bieter mit dem Höchsten Gebot
wird auch der Gewinner der Auktion sein.

Allerdings wird er nicht diesen Schein von mir erhalten,
immerhin ist das meiner und ich bin Schweizer.
Vielmehr wird er den Betrag erhalten,
der dem des zweithöchsten Gebotes entspricht.

Auf den Punkt:
Der Zweitplatzierte zahlt seine Gebotssumme
für diesen 50 Euro-Schein an den Gewinner,
der das höchste Gebot abgibt!“


Alle schauen sich fragen an,
tuscheln, grinsen, schütteln den Kopf
und auch ich denke:
„Das wird nichts!“

Doch schon geht es los !

Zunächst quält sich die Versteigerung zäh dahin.
Obschon 5 Euro-Schritte festgelegt sind,
braucht es eine ganze Weile und vieler ermunternder Worte des Auktionators,
bis die 50 Euro-Marke erreicht ist.
Dann scheint nichts mehr zu gehen.

Doch nach einem Moment quälender Stille
geschieht etwas völlig Verblüffendes:
Der zweitplatzierte Bieter, sein Gebot lag bei 45 Euro
bietet plötzlich 55 Euro.

Man kann förmlich sehen, wie sich sein Gesicht triumphierend aufhellt
und er sich in seinem Stuhl aufrichtet.
Doch der nun unterlegene Höchstbieter,
er hatte 50 Euro geboten,
kontert sofort mit dem 60 Euro-Gebot.

Und nun passiert das Unfassbare:
Die beiden jagen sich, blind im Eifer
in Windeseile auf ein Höchstgebot von 145 Euro hoch.

Atemlose Stille im Studio.

Vielen Gesichtern ist das blanke Entsetzen zu sehen,
ob des jetzt wirklich unangenehm aggressiven Bietergefechtes.

Der Schweizer greift ein und beendet die Versteigerung.

Die beiden Gefechtsbieter scheinen aus einem Trancezustand zu erwachen.
„Warum haben Sie beide nicht aufgehört zu bieten?“
Das fragt nicht nur der Schweizer,
das fragt sich auch das Publikum und ich.

„Ich wollte verhindern, dass ich den Schein bezahlen muss.
Ich wollte Schaden von mir abwenden
und nicht für etwas bezahlen müssen,
was mein Gegner dann als Preis erhält!“,

bekennt der eine von beiden ganz freimütig.

„Es ging Ihnen also in Ihrer Rechtfertigung für sich
mehr darum, nicht zu verlieren und keinen Schaden zu erlangen?“,

resümiert der Schweizer.

Beide nicken.

„So entstehen Kriege !“

„Die neuen Sanktionen,
die die EU nunmehr gegen Russland verhängen will,
werden den Russen mehr Schaden zufügen als uns!“


Ich bin endgültig fertig mit diesen Arschlöchern,
die so etwas ungestraft in Kameras und Mikrofone sagen dürfen.
Warum stopft denen keiner das saublöde Maul ?

Ich bin ein Kind des kalten Krieges,
des Doppelbeschlusses der NATO,
der SS-20 Raketen.

Vom Kind des kalten Krieges der frühen 80er
wurde ich zum Krieger !

Wofür ?

Dafür, dass es wieder Großeltern geben kann,
die ihren Enkeln von den Schrecken eines heißen Krieges erzählen können,
weil Dummköpfe dem anderen mehr Schaden zufügen wollen,
als sich selbst ?

Und was,
wenn es uns trifft – als Großeltern ?

Unmöglich ?

Was sagen diese verfluchten Hunde da eigentlich ?

Wenn der Schaden für die Russen größer ist, als für uns,
dann haben wir doch aber wohl auch einen Schaden.
Und wenn die Russen nun Sanktionen erlassen,
bei denen sie sich völlig sicher sind,
dass diese uns mehr schaden als ihnen ?

Wer erklärt eigentlich der Frau und den Kindern
und möglicherweise Enkeln des deutschen OSZE-Oberst,
der gerade wie ein abgerichteter Tanzbär als Geisel vorgeführt wurde,
was da schiefläuft mit ihm und der Ukraine.

Wer wird sich bei den Russen und Ukrainern hinterher entschuldigen,
wenn alles vorbei ist,
im Krieg des größtmöglichen Schadens für den Feind.

Wenn Menschen, die gestern noch in Frieden und Brüderlichkeit
gemeinsam Wodka in ihre Datscha tranken,
sich nun ein paar Wochen oder Monate
foltern, verschleppen, erschlagen, erschießen,
internieren, hassen, prügeln, vertreiben und vergewaltigen.

Wer übernimmt die Verantwortung für diese Scheiße ?
Die Gier ?
Der Wohlstand ?
Die Demokratie ?
Der Russe ?
Der Ami ?
Das Öl ?
Die Oligarchen ?
Die EU ?
Die NATO ?

Am Ende werden die Separatisten Schuld sein,
die gestern noch Demonstranten waren.
Die Menschen, die dort leben - ewig gemeinsam - und jetzt ?

Unsere Scheißgier nach Wohlstand und Macht
bringt Menschen um - überall,
stets und ständig !

Gas aus der Ukraine,
Öl aus Nahost,
seltene Erden und Metalle aus dem Kongo,
alles für uns !

Scheiß auf die anderen,
die können ja bei uns Asyl beantragen
Stempel drauf und ab ins Lager – erst mal.

Think about – this week !

M. Eckart ocs

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